Berlin ist eine Reise wert!“ Das meinten übereinstimmend 28 Schülerinnen und Schüler der Bischöflichen Realschule, die bis zum Fronleichnams-Wochenende für vier Tage das Klassenzimmer mit Deutschlands Hauptstadt getauscht haben. Zusammen mit den Lehrern Ilka Kaiser und Thomas Lins erlebten die Zehntklässler aus dem sozialwissenschaftlichen Kurs ein abwechslungsreiches Programm. Auf Einladung der grünen Bundestagsabgeordneten Maria Klein Schmeink aus Münster besuchte der Kurs den Bundestag.

Tiefe Eindrucke gab es für den Kurs auch bei der Begegnung mit der DDR-Vergangenheit: Im ehemaligen Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen konnten die Zehntklässler bei einer Führung erfahren, mit welchen perfiden Methoden in der vierzigjährigen DDR-Geschichte die Stasi gezielt Menschen observierte und „Klassenfeinde“ systematisch diskreditierte. Bei einer Führung berichtete der Zeitzeuge Friedemann Körner von seiner Inhaftierung im Oktober 1974. Als Tenor in der Solistenvereinigung im Rundfunk der DDR tätig wurde er beschuldigt, von einer geplanten Flucht eines Freundes gewusst zu haben. Körner war völlig unschuldig und erklärte den Schülern: „Die Stasi wollte ein Exempel statuieren, da es immer wieder kritische Töne gegen die DDR bei den Künstlern des Rundfunks gab und auch, weil einige bei Auslandsreisen nicht mehr mit zurück in die DDR reisten.

Auch Körners Ehefrau wurde verhaftet und die beiden Söhne kamen in ein Kinderheim der Staatssicherheit. Dem Ehepaar wurden “Vorbereitung zur Republikflucht”, “staatsfeindliche Verbindungen” und “staatsfeindlicher Menschenhandel” vorgeworfen. Ihre mehrjährige Haftstrafe mussten sie in verschiedenen Stasi-Gefängnissen nicht komplett erdulden, da sie im Rahmen des Häftlingsfreikaufs im Jahr 1977 in die Bundesrepublik gelangten. Am historischen Ort konnte Körner den Zehntklässlern deutlich machen, wie erniedrigend die Vorgehensweise der Stasi war und wie ohnmächtig sich die Häftlinge fühlten. „Der Fall der Mauer im Jahr 1989 war für mich anfangs kein reiner Grund zur Freude“, bilanzierte Körner: „Die Vergangenheit holte mich wieder ein und in meinen Stasi-Akten konnte ich lesen, dass allein für mich acht IM’s zuständig waren.“ Als IM bezeichnete die Stasi ihre Spitzel, die offiziell Informelle Mitarbeiter genannt wurden.

Nach der Berlinfahrt zogen nicht nur die Schüler eine durchweg positive Bilanz. Auch die Lehrer waren sich einig, dass die vier Tage äußerst lohnend waren. Thomas Lins als Kursleiter der 10sw: „Solche dichten Erfahrungen wie beim Besuch des Reichstags, am Brandenburger Tor oder in Hohenschönhausen kann man im normalen Schulunterricht gar nicht erreichen!“