Projekttage zum Thema Nationalsozialismus – Für die jeweiligen Zehntklässler der Bischöflichen Realschule ein fester Programmpunkt zum Monatswechsel Januar-Februar. „83 Jahre nach der Machtübernahme Hitlers und genau 71 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz ist das Thema so brisant wie eh und je“, meint Geschichtslehrer Stefan Jaunich, der die Projekttage mit seinen Fachkollegen organisiert hat.

Den Bezug zur aktuellen Flüchtlingsproblematik konnte Beatrix Fahlbusch mit ihrer Projektgruppe zum Thema „Entwurzelte Menschen – Flucht und Vertreibung nach 1945“ mühelos herstellen: „Es ist wirklich ein sehr aktuelles und brisantes Thema“, wie Fahlbusch allen Schülern bei der Präsentation der Ergebnisse klarmachte: „Damals wie heute wurden und werden so viele Menschen zwangsweise von ihrer Heimat entwurzelt.“ Die sich daraus heute ergebenden Probleme muten eher harmlos an, wenn man die dramatischen Zahlen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit sieht: „Im Herbst 39 begann die größte Vertreibungswelle, die Millionen von Menschen betraf“, erläuterte Greta Gausepohl bei der Präsentation. Durch das Herunterbrechen der Zahlen auf die Stadt Warendorf schaffte es die Projektgruppe, die Dramatik der Situation zu verorten. Denn die Stadt Warendorf war ein Durchgangslager, durch das innerhalb eines Jahres 65.000 Menschen geschleust wurden. Untergebracht waren die Flüchtlinge unter anderem im Landgestüt. „Auch die Zahl der Einwohner in der Kernstadt Warendorf stieg beträchtlich“, erläutert Fahlbusch, „von 8559 im Jahr 1939 auf 14.111 im Jahr 1947 – und das bei nahezu konstantem Wohnraumangebot von gut 2500 Wohnungen.“ Folglich sei der Wohnraummangel bis zum Einsetzen eines langanhaltenden Baubooms nach der Währungsreform überaus prekär gewesen, wie die Gruppe erarbeitete, mit durchschnittlich sechs Personen pro Wohnung und behördlicher Wohnraumverteilung.

Ebenfalls mit aktuellem Bezug arbeitete die Projektgruppe von Stefan Jaunich. Denn die Gruppe hatte sich die nationalsozialistische Besatzungszeit in Polen von 1939 bis 1945 zum Thema gemacht und fragte dabei auch nach dem aktuellen Verhältnis der beiden Länder. Die Schüler recherchierten, dass die nach wie vor bestehenden Vorbehalte und Vorurteile auf beiden Seiten Ergebnis einer schwierigen Geschichte sind. Denn mit der Entfesselung des Kriegs wurde Polen ein Spielball der Großmachtphantasien Hitlers und auch Stalins. Polen lag dort, wo Hitler das großgermanische Siedlungsgebiet sah. Damit war es fortan erklärtes Ziel einer mörderischen und menschenverachtenden Kriegspolitik, Polen von der Landkarte zu radieren.

Den Rassismus im Sport in der NS-Zeit machte sich die Projektgruppe von Dr. Gudrun Großkopff zum Thema. Ein besonderes Augenmerk richtete die Gruppe dabei auf die Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Die gut organisierten Sommerspiele blendeten bewusst eine staunende und faszinierte Weltöffentlichkeit. Die Gruppe machte sich anhand von Biografien und Filmen ein eigenes Bild und stellte fest, wie sehr schon die so genannten „Spiele des Friedens“ von Rassismus gegenüber Juden und Farbigen geprägt waren. Eine Anweisung von Rudof Heß, dem Stellvertreter Adolf Hitlers, scheint dabei symptomatisch: „Umarmen Sie nie wieder einen Neger!“ Mit diesem heute eher komisch wirkenden Befehl an den deutschen Silbermedaillengewinner Lutz Long reagierte Heß auf die Gratulation Longs gegenüber dem amerikanischen Goldmedaillengewinner Jesse Owens.

„Mein Kampf“ ist auf freiem Fuß! Zeit für Panik?, fragte sich die Projektgruppe von Stefan Mendel. Die Zehntklässler gingen der Wirkungsgeschichte des Buches von Adolf Hitler nach, dessen Urheberrechte am 1. Januar erloschen sind. Sie stellten fest, dass eine unkommentierte Herausgabe des Buches in Deutschland wohl verboten bliebe, weil der Inhalt volksverhetzend sei und vor Hass gegenüber Juden nur so strotze. „Trotzdem ist es wichtig, sich mit dem Buch zu beschäftigen“, meinte Marius Beckmann, „denn das Buch kann man sich nicht wegdenken; es ist Teil der deutschen Geschichte.“ Benedikt Rosche sieht noch einen anderen Aspekt: „Einerseits ist das Buch gefährlich, andererseits kann man sich heute auch darüber lustig machen.“

Die Präsentation der Ergebnisse bedachten die Schüler mit anerkennendem Applaus. Stefan Jaunich resümiert: „Wieder einmal haben die Schüler sehr engagiert bei den verschiedenen Projekten mitgearbeitet.“

Blick ins Plenum

Zwei Schüler der 10 bei der Präsentation